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Zarte Sonnenwesen

Besonders schutzbedürftig - ein Plädoyer für eine gefährdete Insektenordnung (von G. Hasler)

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Östlicher Scheckenfalter

Man findet sie fast nur im Sommer und wenn es sonnig ist. Bei grauen Wolken oder gar Regen verstecken sie sich, meist unter Blättern von Büschen und Bäumen. Wenn man sie aber dann mal betrachten kann, wie sie beschwingt und voller Schönheit von Blüte zu Blüte fliegen und mit ihrem winzigen Rüssel Nektar saugen, ist das ein besonderes Erlebnis. Sie haben meist bunt gemusterte Flügel, die aus Tausenden von Farbschuppen bestehen. Die Rede ist natürlich von Schmetterlingen. Ihren „Treibstoff“ zum Fliegen bekommen die Schmetterlinge vom zuckerhaltigen Blütennektar. Oft fliegen sie ganz artspezifische Blüten an, manchmal haben sie auch eine Vorliebe für eine ganz bestimmten Farbe (z.B. Roter Apollo, gerne rote und violette Blüten).

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Kleiner Fuchs,
Balz

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Gelbwürfeliger Dickkopffalter, Paarung

Mit „Schmetterling“ meinen wir meist den Falter, auch die Imago genannt. Aber die erstaunliche Entwicklung (Metamorphose) beginnt als Ei, daraus entsteht eine Raupe, sie wird später zur Puppe, woraus schließlich der Falter schlüpft. Ein typischer Jahresablauf beginnt mit dem geschlüpften Falter im Frühsommer, es folgen Balz, Paarung und Eiablage und der Schlupf der Raupe. Die Raupe ist das einzige Stadium in dem der Schmetterling wächst. Die Raupe benötigt daher auch viel Nahrung. Ihre bald zu klein werdende äußere Hülle streift sie deshalb mehrmals ab. Die Raupen fressen aus Sicherheitsgründen oft nachts an der Futterpflanze und verbergen sich ansonsten. Die Raupe (meist einer zweiten Generation) ist oft die Überwinterungsform des Schmetterlings. Im Frühjahr erfolgt dann die Verpuppung und nach einer unterschiedlich langen Puppenruhe schlüpft der Falter.

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Nierenfleck-Zipfelfalter, Ei an Schlehe

 

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Großer Schillerfalter,

Raupe im Winter

Eine für Schmetterlinge schwierige Zeit ist der Winter, der mit verschiedenen Strategien überdauert wird. Viele Schmetterlinge überwintern als Ei. Das von einer härteren Hülle umgebene Ei wird oft ungeschützt an Zweige der Raupenfutterpflanze geklebt (z.B. Nierenfleck-Zipfelfalter, Ei an Schlehe); erst im Frühjahr setzt dann die Entwicklung zur Raupe ein. Viele Schmetterlinge überwintern als Raupe, teils als Jungraupe im Ei, teils halberwachsen, teils erwachsen. Manche suchen Schutz in der Bodenstreu (z.B. Raupen der Feuerfalter), andere bauen sich mit einem Blatt ein Überwinterungsgespinst (z.B. Kleiner Eisvogel und Großer Eisvogel), einige überwintern völlig ungeschützt, festgesponnen an Pflanzenteilen (z.B. Kleiner Schillerfalter und Großer Schillerfalter). Aber es gibt auch Arten die als Puppe überwintern (z.B. Schwalbenschwanz, Großer Kohlweißling u.a.). Die Puppen sind mit einem Gespinst umgeben, das der Befestigung an der Pflanze dient; die Stürzpuppe (z.B. Tagpfauenauge) hängt frei baumelnd, die Gürtelpuppe (z.B. Segelfalter) ist zusätzlich durch einen gürtelartigen Faden gesichert. Einige Tagfalter verpuppen sich auch in der Bodenstreu (z.B. Schachbrett), einige Nachtfalter bauen einen Kokon (z.B. Königskerzenmönch).

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Schwalbenschwanz,

Gürtelpuppe

Im Puppenstadium findet eine höchst faszinierende Umwandlung (vollkommene Metamorphose) statt: die Körperstruktur der Raupe wird fast vollständig aufgelöst und zum Körper eines Schmetterlings umgeformt. Es entsteht eigentlich ein neues Lebewesen. Am Ende der Puppenruhe bricht die Hülle auf und heraus schlüpft der Falter. Nun muss er noch seine Flügel entfalten, dazu presst er Körperflüssigkeit in die Flügeladern, dann werden die Flügel getrocknet, bis sie die nötige Festigkeit besitzen und schließlich fliegt er davon.

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C-Falter

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Tagpfauenauge

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Zitronenfalter, Überwinterung

Rostfarbener Dickkopffalter,

dunkle Duftschuppen auf Flügel

Schmetterlinge besitzen eine Reihe ganz erstaunlicher Eigenschaften. Ihre Facettenaugen setzen sich aus Tausenden von Einzelaugen zusammen, damit können sie ihre nähere Umgebung gut sehen. Mit ihren Fühlern können sie feinste Gerüche wahrnehmen. An ihren Beinen haben viele Falter hochempfindliche Geschmacksorgane, sodass sie schon bei der Landung eine Pflanze schmecken und dadurch entscheiden können, ob sie sich als Raupenfutterpflanze eignet. Manche Nachtfalter haben auch ein Gehör, so können sie die Signale von Fledermäusen hören und sich verstecken. Die Lebenszeit der Falter ist unterschiedlich lang, meist leben sie mehrere Wochen. Es gibt aber Arten (z.B. der Nagelfleck) die nur ein paar Tage leben, weil sie keine Nahrung aufnehmen können. Für sie ist (wie letztlich für alle anderen Schmetterlingen auch) das Falter-Stadium ausschließlich für Paarung und Fortpflanzung bestimmt. Manche Schmetterlinge (C-Falter, Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs und Großer Fuchs, Trauermantel, Zitronenfalter) leben länger, weil die Herbstgeneration als Falter (an geschützten Stellen) überwintert. Am langlebigsten ist der Zitronenfalter, er lebt insgesamt fast ein Jahr. Der Zitronenfalter überwintert – als einzige heimische Schmetterlingsart – frei an Grashalmen und Stängeln, unter lichtem Kronenschluss von Bäumen (E. Pfeuffer). Um nicht zu erfrieren, ersetzt er seine Körperflüssigkeit durch eine Art Frostschutzmittel und übersteht so auch tiefe Temperaturen. Im Sommer legt er außerdem eine Ruhepause ein.

 

Die Partnerfindung vieler Schmetterlinge erfolgt über Duftstoffe, welche die Tiere absondern. Diese Sexual-Pheromone werden oft noch kilometerweit wahrgenommen (siehe z.B. Duftschuppenstreifen beim  Rostfarbenen Dickkopffalter).

 

Schmetterlinge können sich auch räumlich orientieren, sie fliegen ergiebige Futterquellen gerne öfter an (z.B. Taubenschwänzchen).

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Distelfalter

 

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Admiral

 

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Linienschwärmer

Wanderfalter (wie z.B. Distelfalter, Admiral, Taubenschwänzchen, Totenkopfschwärmer, Linienschwärmer) fliegen jedes Jahr aus Südeuropa neu bei uns ein, einige ihrer Nachkommen fliegen auch wieder zurück.

 

Der Distelfalter flog 2009 in riesigen Mengen (viele Millionen) ab Mai in Deutschland ein. Ausgangspunkt für die Wanderungen der Distelfalter ist Nordafrika. Von dort fliegen sie im Spätwinter nach Süd- und Westeuropa ein und legen ihre Eier ab, so dass dort ab April eine neue Faltergeneration entsteht, die dann weiter nach Norden fliegt. Durch äußerst günstige Bedingen entstand damals eine riesige Menge an Faltern. Die dritte (oder vierte) Faltergeneration fliegt ab August zum Teil wieder nach Südeuropa zurück.

 

Interessant ist auch dass, wegen der Klimaerwärmung, zunehmend Wanderfalter bei uns überwintern können. So wird der Admiral inzwischen als bei uns auch bodenständige Art betrachtet, da es neben den Zuwanderern auch hier überwinternde Individuen gibt.

 

Der Linienschwärmer kommt in Afrika, aber auch im südlichsten Europa und im Mittelmeerraum vor. Er scheint aus seinem Wanderungen keinen Nutzen zu ziehen, denn er vermehrt sich hierzulande nur spärlich und kann auch nicht überwintern. Auch über einen evtl. Rückflug ist nichts bekannt.

 

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Roter Scheckenfalter

 

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Feuriger Perlmutterfalter

 

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Roter Apollo

Schmetterlinge sind, wie viele andere Insekten, mehr oder weniger stark gefährdet, teilweise vom Aussterben bedroht. Ursache hierfür ist zuallererst der Verlust ihrer naturnahen Lebensräume, denn auf gedüngten Flächen können sie nicht leben. Schmetterlinge kommen in verschiedenen Gebieten vor: u.a. Magere Halbtrockenrasen, Trockenwarme Magerrasen, Feuchtwiesen sowie Moore und zwar von der Ebene bis in subalpine und alpine Lebensräume. Manche Arten können wir in unserer Nähe finden: z.B. in Gärten und Parks, an Waldwegen und Waldrändern. Bis auf einige wenige Arten (z.B. Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs oder Zitronenfalter) sind sie inzwischen meist selten bis sehr selten. Etwas vereinfachend kann man sagen, dass sie umso seltener sind, je spezifischer ihre Anforderungen an den Lebensraum und an die benötigten Raupenfutterpflanzen sind. Diese „Raupenfutterpflanzen“ dienen den sich entwickelnden Raupen als Nahrung und ihr Vorhandensein im Lebensraum ist unverzichtbar. Dabei gibt es große Unterschiede: manche Raupen fressen an vielen Pflanzenarten (z.B. Roter Scheckenfalter: Mehlige Königskerze, Echtes Leinkraut, Spitzwegerich, Aufrechter Ziest, Großer Ehrenpreis), andere dagegen an wenigen (Feuriger Perlmutterfalter: verschiedene Veilchenarten), manche Raupen haben nur eine einzige Futterpflanze (z.B. Roter Apollo: Weißer Mauerpfeffer). Die Bindung der Raupen an die Futterpflanze(n) ist meist sehr ausgeprägt, sie fressen i.d.R. keine anderen Pflanzen, sondern würden, beim Fehlen der richtigen Futterpflanze(n), verhungern.

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Eine besonders interessante und hübsche Familie der Schmetterlinge sind die kleinen Bläulinge (Lycaenidae). Sie sind nicht alle blau, aber ein größerer Teil der Männchen hat blau gefärbte Flügeloberseiten. Die Weibchen dagegen haben oft braungefärbte Flügeloberseiten. Zur Bestimmung ist oft auch die Zeichnung der Flügelunterseite wichtig. Die Raupen von über 75 % der weltweit vorkommenden Arten leben myrmekophil. Das heißt, dass sie von oder mit Ameisen leben. Es gibt unter ihnen parasitisch, trophobiotisch (gegenseitiger Nutzen) oder räuberisch lebende Arten. Sie leben gemeinsam mit Ameisen in deren Bau und ernähren sich entweder von deren Larven oder werden von den Ameisen gefüttert wie die Raupen des Lungenenzian-Ameisenbläulings (Maculinea alcon). Manche pflanzenfressenden Arten locken Ameisen durch ihre süßen Ausscheidungen, sodass die Ameisen sie auf ihren Pflanzen bewachen. Die meisten haben sich im Laufe der Zeit an das Leben mit Ameisen angepasst und besitzen neben speziellen Drüsen, die Honigtau aussondern, z.B. den gleichen Geruch wie die  Ameisenlarven. Die Familie der Bläulinge (Lycaenidae) besteht in Mitteleuropa aus 3 Unterfamilien: „Eigentliche Blaulinge“ (Polyommatinae), Feuerfalter (Lycaeninae) und Zipfelfalter (Theclinae). Die Einteilung in diese Unterfamilien wird noch kontrovers diskutiert.

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Augsburger Bär

Buchen-Streckfuß

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Waldreben-Grünspanner

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Birkenspanner

Dann sind da noch die Nachtfalter - über 95 Prozent aller heimischen Schmetterlinge sind Nachtfalter, das sind etwa 3500 Arten! Da sie meist nur in der Dämmerung oder nachts fliegen, sind viele nur den Experten bekannt. Es gibt aber auch welche die am Tag fliegen (z.B. die Widderchen, auch Blutströpfchen genannt). Nachtfalter sind eine nach der Lebensweise zusammengestellte Gruppe, sie bilden in der modernen biologischen Systematik keine natürliche Einheit (kein Taxon). Merkmale der Nachtfalter sind u.a.: keine am Ende zu einer Keule verdickte Fühler wie die Tagfalter, sondern fadenförmige, gesägte oder gefiederte Fühler (es gibt Ausnahmen), oft tarnfarben gemustert, in Ruhe meist dachförmig übereinander gelegte Flügel. Viele Nachtfalter kann man durch Licht anlocken (einige wenige Beispiele: Augsburger Bär, Buchen-Streckfuß, Waldreben-Grünspanner, Birkenspanner). Dazu muss ein Leuchtkörper mit niedriger Temperatur und hohem Anteil an blauem und violettem Licht verwendet werden. Manche Nachtfalter kann man auch mit einem stark riechenden Köder anlocken (z.B. Rotes Ordensband, Pyramideneule). Dazu werden verschiedenen „Mischungen“ (z.B. aus vergorenen Früchten oder Wein) verwendet. Ansonsten sind die Nachtfalter tagsüber in der Vegetation versteckt, wo sie schwer zu entdecken sind. Am einfachsten hat man es natürlich mit den tagfliegenden Arten (z.B. Widderchen, Taubenschwänzchen, Nagelfleck (Männchen), Schönbär u.a.). Dann gibt es noch die (auch) dämmerungsaktiven Arten (z.B. Abendpfauenauge, Ligusterschwärmer, Kleiner Weinschwärmer und Mittlerer Weinschwärmer), die manchmal auch an Blüten zu finden sind.

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Trockenwarme Magerrasen

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Feuchtwiese mit Sumpfgladiolen

Was hilft den Schmetterlingen? Am Wichtigsten ist der Erhalt ihrer Lebensräume. Gefährdungsursachen sind u.a. Monokulturen, verstärkter Flächenverbrauch, insektenschädigende Spritzmittel, überdüngte Wiesen, Trockenlegung von Feuchtwiesen und Mooren, aber auch die Überdüngung durch den Stickstoffeintrag aus der Luft, die auch magere, nährstoffarme Wiesen (Lebensraum vieler Schmetterlinge) betrifft. Kaum weniger wichtig ist die fachkundige Pflege der noch vorhandenen intakten Lebensräume. So muss z.B. jede Wiese entweder gemäht oder durch Beweidung erneuert werden. Besonders wichtig ist dabei der richtige Zeitpunkt für solche Maßnahmen; dazu ist die Einbeziehung von Fachleuten unverzichtbar. Auch ein selektives Vorgehen ist nötig, um immer genügend Entwicklungsstadien der Schmetterlinge überleben zu lassen. Die Gebiete müssen meist auch entbuscht werden, damit sie attraktiv für die Schmetterlinge bleiben.

 

Wenn wir uns weiterhin an Schmetterlingen erfreuen wollen, müssen wir mehr für sie tun!

 

Es ist sehr lohnend sich näher mit den Schmetterlingen zu beschäftigen. Wenn man eine bestimmte Art sehen möchte, stellen sich einige Fragen: Wann ist die Flugzeit des Falters? In welchem Lebensraum kommt er vor? Wo ist so ein Lebensraum zu finden? Hilfreich kann dabei auch der Artenpool sein. Er liefert Kurzinformationen zu vielen Schmetterlingen: z.B. Aussehen, Verhalten, Lebensräume, Flugzeiten, Raupenfutterpflanzen usw. Wer sein Wissen über Schmetterlinge weiter vertiefen möchte, für den gibt es gute Fachliteratur. Empfehlenswert wäre aber auch die Mitgliedschaft in einem Naturwissenschaftlichen Verein, z.B. im Naturwissenschaftlichen Verein für Schwaben e. V. (NWVS), dort z.B. in der Arbeitsgemeinschaft Entomologie (Insektenkunde), wo die Schmetterlinge naturgemäß ein besonderer Schwerpunkt sind oder in der Arbeitsgemeinschaft Naturfotografie, wo es unter anderem darum geht, die Schönheit und Eigenart unserer heimischen Schmetterlinge im Foto einzufangen und vorzustellen.