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Artenzuwanderung in Bayern

Unter dieser Überschrift geht es um Arten, denen es die Klimaerwärmung ermöglicht hat, sich weiter (nordwärts) auszubreiten und in Deutschland bzw. Bayern vermehrt oder gar neu zu etablieren. Da solche Arten sich i.d.R. dauerhaft ansiedeln, werden sie zu heimischen Arten (ganz im Gegensatz zu den sog. Neobiota, den gebietsfremden Arten, die erst durch den Einfluss des Menschen zu uns gelangt sind). Es handelt sich meist um Arten die gut fliegen können, denn sie müssen ja eine gewisse Strecke zurücklegen, um (nach und nach) in die neuen Lebensräume zu gelangen. Einige dieser Arten kommen ursprünglich aus Südeuropa. Das größte Hindernis zwischen Südeuropa und Deutschland sind die Alpen. Für Vögel ist es kein großes Problem einen Weg zu finden. Auch Wanderfalter wie der Admiral überwinden jährlich dieses Hindernis. Andere Insekten brauchen aber meist einen einfacheren Zugang. Es gibt zwei Wege dafür: westlich die burgundische Pforte, ein flacher Sattel zwischen Vogesen und Jura, der das Rheintal und die Ausläufer des Saônetals verbindet und östlich das Donautal. So erfreulich diese Artenzuwanderung auch sein mag, sie kann den klimabedingten Artenschwund natürlich nicht kompensieren.

 

G. Hasler

 

(Eine Auswahl: aufgeführt werden nur Arten, für die es auch ein Foto/Album im Artenpool gibt.) 

Schmetterlinge
Kurzschwänziger Bläuling (Cupido argiades)

Der Kurzschwänzige Bläuling (Cupido argiades) galt nach der Roten Liste für Bayern von 2003 noch als ausgestorben. Inzwischen wurde er aber in Bayern vielfach nachgewiesen, auch südlich der Donau (sh. Fotos), so dass er nach der Roten Liste für Bayern von 2016 bereits als ungefährdet gilt! Der wärmeliebende Kurzschwänzige Bläuling kam früher vor allem in der Oberrheinebene vor. Er gilt als ausbreitungsfreudig und profitiert offensichtlich von der Klimaerwärmung. Auf der Roten Liste für Deutschland von 2011 steht er noch auf der Vorwarnstufe, da er sich aber auch in andere Bundesländer ausbreitet, wird er künftig daraus entlassen werden.

http://www.deutschlands-natur.de/tierarten/tagfalter/kurzschwaenziger-blaeuling/

Karstweißling  (Pieris mannii)

Der Karstweißling ist im westlichen Mittelmeergebiet heimisch, er hat sein Verbreitungsgebiet aber in den letzten Jahren nach Norden erweitert. Vermutlich vom Norden/Nordwesten der Schweiz her kommend, wurde er inzwischen auch in Baden Württemberg und Bayern beobachtet. Da die Unterscheidung vom Kleinen Kohlweißling (Pieris rapae) als Falter schwierig ist, kann er sich unbemerkt schon länger bei uns aufhalten.

http://www.deutschlands-natur.de/tierarten/tagfalter/karstweissling/

Großer Fuchs (Nymphalis polychloros, L. 1758)

Zu den Klimagewinnern gehört offensichtlich auch der Große Fuchs. Dieser wärmeliebende Tagfalter wurde 1839 von Christian Friedrich Freyer noch zu den „... schädlichsten Schmetterlingen Deutschlands …“ gezählt, da er sehr häufig war und seine Raupen ganze Obstbaumkulturen kahlfressen konnten. Massiv bekämpft ist er später fast verschwunden. Bis vor zehn Jahren kam er deutschlandweit nur noch an wenigen Orten vor. Heute ist er wieder (selten) in vielen Teilen Süddeutschlands zu finden und gilt laut Roter Liste Alpin als ungefährdet.

Admiral (Vanessa atalanta)

Der Admiral ist ein klassischer Wanderfalter, der üblicherweise jedes Jahr im Mai aus dem Mittelmeerraum neu zu uns einwandert. Durch milde Winter kann er als Falter aber immer öfter bei uns überwintern, auch als Raupe oder Puppe. Forscher gehen davon aus, dass sich inzwischen eine von den Mittelmeer-Admiralen unabhängige mitteleuropäische Population gebildet hat.

Großer Feuerfalter (Lycaena dispar)

Er war seit vielen Jahrzehnten aus Bayern verschwunden, seit 2002 breitet er sich jedoch, wohl von Baden-Württemberg her kommend [Herman & Bolz 2003], wieder aus. Er besiedelt in Bayern derzeit hauptsächlich zwei wärmebegünstigte Talabschnitte des Mains. Der Große Feuerfalter gilt laut Roter Liste in Bayern als seltene Art mit geographischer Restriktion (Kategorie R), deutschlandweit gilt er als gefährdet.

 

Schrecken

Gemeine Sichelschrecke (Phaneroptera falcata)

Die wärmeliebende Gemeine Sichelschrecke kommt in Süd- und Mitteleuropa vor. In Deutschland ist sie im Südwesten zu finden, dehnt ihre nördliche Verbreitungsgrenze aber aus. Im Alpenvorland und in Teilen der Schwäbischen Alb war sie noch vor einigen Jahren selten oder gar nicht zu finden, inzwischen wird sie immer häufiger beobachtet. Das spiegelt sich auch in den Roten Listen: in Bayern stand sie 2003 auf der Vorwarnliste, inzwischen (2016) gilt sie als ungefährdet. 

Siehe dazu: Eberhard Pfeuffer und Peter Hartmann, Berichte des  NWVS 117. Band, 2013, S. 52 https://www.zobodat.at/pdf/Ber-Naturwiss-Ver-fuer-Schwaben_117_0052-0057.pdf

Große Schiefkopfschrecke (Ruspolia nitidula)

Die in Südeuropa häufig vorkommende thermophile (wärmeliebende) Große Schiefkopfschrecke war in Bayern kaum noch zu finden, mittlerweile gibt es, wohl bedingt durch die Klimaerwärmung, wieder mehr Funde. In der Roten Liste für Bayern galt sie 2003 als vom Aussterben bedroht, inzwischen (2016) wird sie in der Kategorie „R“ zwar als „extrem selten“ geführt, jedoch als in Ausbreitung begriffen.

Südliche Eichenschrecke (Meconema meridionale)

Die Südliche Eichenschrecke ist eine mediterrane Art, die wohl aus Südfrankreich über die burgundische Pforte eingewandert ist. Seit 1958 wird sie am Kaiserstuhl beobachtet. Sie hat sich rheinabwärts weiter ausgebreitet und bereits 1993 die Niederlande erreicht. 1996 wurde sie in Bayern im Landkreis Ansbach, 1999 in Augsburg festgestellt (Schlumprecht & Waeber 2003).

http://www.klima-warnsignale.uni-hamburg.de/wp-content/uploads/2014/07/olafschmidt.pdf  

 

Libellen

Feuerlibelle (Crocothemis erythraea)

Die Feuerlibelle ist eine typische Art des Mittelmeerraums. Seit einigen Jahrzehnten ist sie auch in Deutschlands eingewandert und hier bodenständig geworden. Sie hat innerhalb von zwei Jahrzehnten ihre Bodenständigkeit um 700 km nach Norden erweitert.

https://www.lupogmbh.de/editor/file/Insecta Heft 11 Libellen + Klimaaenderung.pdf

Frühe Heidelibelle (Sympetrum fonscolombii)

Die Frühe Heidelibelle ist eine mediterrane Wanderart, die im Sommer oft auch bei uns einwandert. In letzter Zeit findet man Belege dafür, dass einige wenige Tiere, in wärmebegünstigten Lagen, auch bei uns überwintern. Es wurden auch verstärkte Einflüge und die teilweise Ausbildung einer zweiten Generation beobachtet (z.B. 2007).

Südlicher Blaupfeil (Orthetrum brunneum)

Der Südliche Blaupfeil ist eine mediterrane Art, die schon länger auch in Süddeutschland anzutreffen war, sich inzwischen aber immer weiter nach Norden ausbreitet.

https://www.lupogmbh.de/editor/file/Insecta Heft 11 Libellen + Klimaaenderung.pdf

Westliche Geisterlibelle (Boyeria irene)

Die Westliche Geisterlibelle hat ihr Hauptverbreitungsgebiet in Südwesteuropa, wird vereinzelt aber zunehmend auch in Deutschland gefunden (z.B. Bodensee). Neu in Deutschland ist sie seit 2005 (Schmidt 2005).

Südliche Mosaikjungfer (Aeshna affinis)

Die Südliche Mosaikjungfer ist eine wanderfreudige Libelle, die schwerpunktmäßig in Südeuropa lebt, aber inzwischen, klimabedingt, ihr Areal nach Norden auszudehnen scheint. Sie kommt in unregelmäßiger Häufung vor (genauere Daten fehlen noch), scheint sich aber auch hierzulande fortzupflanzen.

 

Spinnen

Wespenspinne (Argiope bruennichi)

Die Wespenspinne war bis vor etwa 50 Jahren vor allem im südlichen Europa verbreitet, in Mitteleuropa sehr selten. Heute ist sie in Süddeutschland relativ häufig und auch in Bayern weit verbreitet. Sie gilt inzwischen in Deutschland und Bayern als ungefährdet.

 

 

Vögel

Bienenfresser (Merops apiaster)

Der Bienenfresser kommt von Nordafrika, dem Mittelmeerraum und der Schwarzmeerregion bis nach Mittelasien vor. Neuerdings, in geringerem Maße, auch in Mitteleuropa. Es gab in Deutschland auch schon früher dokumentierte Bruten, dann galten die Vorkommen hierzulande als weitgehend erloschen. Seit etwa 20 Jahren brüten die Bienenfresser jedoch, mit zunehmender Tendenz, wieder in Deutschland, hauptsächlich in Baden-Württemberg und in Sachsen-Anhalt. Auch in Bayern brütet der Bienenfresser stellenweise wieder.

Seidenreiher (Egretta garzetta)

Der Seidenreiher ist in Europa vor allem im Süden verbreitet, er gilt insgesamt laut IUCN als ungefährdet. In Deutschland ist er eher selten anzutreffen, aber es gibt, auch begünstigt durch die Klimaerwärmung, vereinzelte Brutnachweise.

https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/klima-und-luft/klimawandel/06568.html

Mittelmeermöwe (Larus michahellis)

Die Mittelmeermöwe hat ihre Brutgebiete hauptsächlich in Südeuropa, hat diese aber in den letzten Jahren nordwärts erweitert. In Bayern gibt es bereits einige Brutvorkommen.

Steckbrief LFU

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